Ich sitze gerade am Küchentisch, alle Rollos runter und das Radio plärrt … eigentlich mag ich ja lieber Stille zum Schreiben, aber die gibt es seit mehreren Tagen nicht. Denn eine grundsätzliche Geräuschkulisse ist notwendig, um die Geräusche der Böller und Feuerwerke zu übertönen.

Durch Zufall haben wir mal beim Röntgen von Cookie Luftgewehrmunition in seinem Körper entdeckt. Sicherlich einer der Gründe, warum er Schuss-Geräusche nicht mag. Als ich ihn bekommen habe, hat er sich dann sofort unter einen Busch gelegt und geweigert noch einen Schritt in irgendeine Richtung zu machen, sobald Schuss-(ähnliche)Geräusche zu hören waren. Sehr blöd, da er nicht das Ideal-Gewicht besitzt, um ihn nach Hause oder zum Auto zurück zu schleppen – was dann aber teilweise notwendig war.  Wir haben uns im Laufe der Zeit erarbeitet, dass er bei Schuss-Geräuschen nicht nur weiter spazieren gehen konnte, sondern sogar innerhalb kürzester Zeit auch wieder fröhlich war. Bisher haben wir die Silvesterzeit außer durch Unterstützung von ein paar Nervenkräutern ganz gut hingekriegt. Meist wurde erst vermehrt ab der Dunkelheit geböllert. Einzelne Böller haben uns nicht gestört.

Der Jahreswechsel 2022 ist allerdings eine Belastungsprobe – und spiegelt wohl auch den aktuellen Zustand unserer Gesellschaft wieder. Es fing bereits vor Weihnachten mit dem vermehrten Rumgeballer an. Cookie tut sich im Dunkeln immer schwerer, da sein Sehvermögen nachlässt. Die Knallerei war da das Sahnehäubchen, so dass ich die Abendrunden dann eingestellt habe und froh war, wenn er noch kurz gepinkelt hat. Doch seit dem Böllerverkauf ist an spazieren gehen im Prinzip nicht mehr zu denken. Selbst Morgens schaffen wir nur noch wenige 100 Meter, da in dem Zeitraum bereits dann 5 Knaller hintereinander gezündet wurden. Ab Mittags brauche ich dann keinerlei Spaziergehversuche mehr zu unternehmen. Es knallt minütlich. Selbst ein Pipi im Hof ist dann pure Glückssache. Bis 1 Uhr nachts wird fröhlich weiter geböllert. Mein Hund (und ich vermute verdammt viele Leidensgenossen) halten derweil ein. Dabei ist das windige und regnerische Wetter nicht gerade einladend für die Böller-Freunde. Ich hätte tatsächlich auch erwartet, dass Rücksicht genommen wird auf die diversen Kriegsflüchtlinge – aber weit gefehlt … Ich höre tapfer bis spät in die Nacht Hörbuch, da ich weiterhin eine gewisse Geräuschkulisse aufrecht erhalten muss. Zugegebenermaßen sind die zwischendurch aufkommenden Mordgelüste sowieso keinem gesunden Schlaf zuträglich.

An Tag 3 dachte ich mir, das kann nicht so weiter gehen – denn 24 h einhalten ist nicht gerade gesund. Also Hund ins Auto gesetzt und einen Parkplatz angefahren, wo weit und breit keine Siedlung ist. Ich stelle fest, dass mehr Hundebesitzer als sonst überall am Rand der Landstraße parken – vermutlich mit einer ähnlichen Idee. Cookie ist derweil ziemlich sensibilisiert, so dass auch die nun nur noch in der Ferne tönenden Böller dafür sorgen, dass er sofort zurück zum Auto möchte. Wenigstens ein Pipi ist möglich. Ich biete ihm verschiedene Richtungen zum Laufen an. 3 Mal dreht er nach wenigen Metern um – doch dann kommt Bewegung in den Hund. Er will sogar über die Landstraße drüber – obwohl ihm in dem sensibilisierten Zustand die schnellen Autos auch ein Graus sind. Gerade rechtzeitig entdecke ich den Grund für seinen Eifer: Ein riesiger Berg alter Brötchen und Brotreste. Dummerweise war der Mr. Cooks an der Leine :-) Wir sind dann kurzerhand ein kleines Stück quer durch den Wald gelaufen, da Cookie solche Querfeldein-Läufe liebt und so konnten wir weitere 100 m “spazieren gehen”. Das hat dann sogar gereicht, um noch einen geeigneten Platz für das große Geschäft zu finden. Ich war kurz davor einen Freudentanz aufzuführen – dann aber schnell zurück zum Auto! Immerhin nur etwa 15 h Einhalten statt 24 h stehen nun dem Mr. Cooks bevor. 2022 ist halt das Jahr, wo man sich über die kleinen Dinge freut!?

Ich fürchte dieses Jahr ist nicht nur für die Geräusch-empfindlichen Hunde eine absolute Belastungsprobe (und damit auch für ihre gestressten Halter). Selbst Hunde, denen das wenig ausmacht, haben bei dieser Dauerbeschallung ihre Probleme. … an all die anderen Tiere mag ich gar nicht denken :-(  Auf die Vernunft der Menschen ist nicht zu hoffen. Da bleibt wohl nur noch die Hoffnung, dass die Behörden ein entsprechendes Fazit ziehen werden für den Jahreswechsel 2023.

Ich habe meine Kollegin Dr. Lara Steinhoff gebeten im März einen Online-Vortrag zum Thema Geräuschangst zu geben. Denn bis dahin werden viele Hunde benötigen, um sich zu erholen und wir als Halter/innen können dann versuchen Schadensbegrenzung zu betreiben!

Hoffen wir, dass 2023 besser wird als sich aktuell der Jahreswechsel gestaltet!

In diesem Sinne wünsche ich allen Leidensgenossen halbwegs entspannt durch diese Zeit zu kommen! Auf ein gesundes 2023!

Pia & Cookie (der Rest der Bande versteht zum Glück nicht, warum Cookie sich “so anstellt”)